Mike Oldfield arbeitet an einem Nachfolger zu Ommadawn. Diese Nachricht versetzte bestimmte Kreise in helle Aufregung. Aufregung deshalb, da viele nach Alben wie Man On The Rocks, dem Xten Tubuluar Bells Aufguss oder Light + Shade es schlicht nicht für möglich hielten, dass dem einst so revolutionären Musiker gelingen würde, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Man vermutete sogar, der Name wäre nur ein gut ausgeklügelter Marketingtrick.
Dabei sind Oldfields Singlehits durchaus anhörbar und auch der hiesige Rezensent mag beide Welten. Spätestens nach der letzten Großtat Amarok schienen Oldfield die Ideen auszugehen (wobei Tubulur Bells II, Voyager und Music of the Spheres durchaus ihre Qualitäten hatten) und man setzte auf allerlei digitale Spielereien und langweilige Chill Out Sounds. Die Gründe für den Wandel waren vielseitig. Wie auch bei anderen Musikern (Genesis, Yes) kam z.B. mit der Punkrevolution und der Ablehnung komplexer Musik die Abkehr von allzu ausgeklügelten Songs und mit dem Ruhm eine gewisse Abschottung, die erst durch das Internet zu bröckeln begann. Plötzlich teilten die Fans direkt mit, was sie von ihren Helden hören wollten. Und Oldfield hörte ihren Ruf, kehrte zurück nach Ommadawn.
Return To Ommadawn
Return To Ommadawn entstand unter ähnlichen Bedingungen wie das 1975er Werk. Erneut starben Familienmitglieder – neben dem Vater auch der eigene Sohn – und der ohnehin introvertierte Musiker zog sich zurück, um seine Trauer mit Hilfe der Musik zu verarbeiten. Zudem drängten die Fans ohnehin auf ein Album nach alter Art. Es sollte das beste Album seit Ommadawn entstehen.
Wie damals finden sich auf der CD nur zwei knapp 20 Minuten lange Stücke und wie vor einer halben Ewigkeit hören wir nur einen einzigen Musiker an verschiedensten Instrumenten (wobei auf Ommadawn durchaus Gäste spielten, Pierre Moerlen etwa). So beginnt die musikalische Reise mit irischen Flöten, die von einer Akustikgitarre begleitet werden. Es gesellt sich der oldfieldtypische Bass hinzu, wir hören ein Glockenspiel, eine Mellotron und das erste Gitarrensolo setzt ein. Mandolinen folgen, mit ihnen die ersten elektrischen Gitarren und Bodhran-Trommeln. Oldfield ist heimgekehrt. Wenn dann nach einem rein akustischen Gitarrenpart das E-Gitarrensolo folgt, nach 13 Minuten (und einem leider etwas abrupten Übergang) die afrikanischen Trommeln von Chören begleitet auf Flamencorhythmen treffen und sich Oldfields einzigartiger Gitarrensound in eksatische Höhen aufschwingt, fragt sich der Fan unweigerlich, warum man auf so ein Album knapp 40 Jahre warten musste.
Umso erstaunlicher, dass die Qualität auch im zweiten Stück weitestgehend gehalten wird. Lediglich das Piano erinnert etwas zu sehr an diverse Chill-Out-Ausflüge und manche Akkorde lassen den Progfan etwas fremdeln. Die großartige On Horseback Anspielung schließt leider mit einem denkbar dämlichen Standardende, das man Mike Oldfield aber ob des gesamten Albums gerne verzeiht.
Fazit
Mit Return To Ommadawn kehrt Mike Oldfield nun endlich zu seinen Wurzeln zurück und es bleibt zu hoffen, dass er diesen Weg weiter beschreiten wird. Zwar sind Tubular Bells, Hergest Ridge und Ommadawn dem neuesten Werk durchaus vorzuziehen, denn die Übergänge und Melodien waren damals perfekter. Jedoch darf man es als sein viertbestes Album der progressiven Phase einordnen. Weniger zerfahren als Amarok, inspirierter als Music Of The Spheres, weniger langweilig als Incantations. Ganz und gar zeitlos. Ein Album, an dem sich manche Musiker des Progressive Rocks ein Beispiel nehmen sollten.
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Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.