(Review) Blues Pills – Lady in Gold: Eine unterhaltsame Zeitreise

Blues Pills Lady In Gold

Letzten Freitag wurde nun endlich Lady In Gold, das zweite Album der Blues Pills veröffentlicht, jener Band um Sängerin Elin Larsson, die in den letzten zwei Jahren die Bühnen Europas unsicher macht. Als ich 2013 erstmals von der Band hörte, legte ich sie schnell zu den Akten. Devil Man begann Acapella, worauf der hiesige Rezensent mit (im Nachhinein unbegründeter) Ablehnung reagierte. “Schon wieder eine, die wie Janis Joplin klingen will…” dachte er sich. Er lag falsch. Denn bereits kurze Zeit später stieß er wieder auf die Blues Pills und verfiel vor allem der Sängerin und dem Gitarrenspiel des extrem jungen Dorian Sorriaux, der nicht einfach nur Gitarre spielt, sondern jede Menge Gefühl mitbringt und auch auf Livekonzerten immer wieder variiert (ein Hauptgrund, warum man sich von den Blues Pills grundsätzlich die Deluxe Versions zulegen sollte, denn hier finden sich diverse DVD Mitschnitte).

Blues Pills Photocredit by Peder Carlsson
Photocredit by Peder Carlsson. V.l.n.r.: Dorian Sorriaux, André Kvarnström, Elin Larsson, Zack Anderson

Die geheime Formel des Erfolgs

Was hebt die Blues Pills von anderen Bands ab? Immerhin kommen aus Schweden immer wieder großartige Bands (mit Svartanatt steht bereits wieder ein großartiger Act in den Startlöchern) und der Retromarkt erscheint 2016 etwas übersättigt. Doch besonders Elins Larsson bringt etwas mit, was sie von ihren Konkurenten und Konkurentinnen abhebt: Sie singt wirklich ausgezeichnet. Nicht wie Janis Joplin, Aretha Franklin oder Amy Winehouse – nein – sie besitzt einen eigenen Stil. Man höre sich etwa Little Boy Preacher oder I Felt A Change an.  Variabel, emotional und verführerisch – drei Zutaten einer Stimme, die jede Band bereichern würde. Nun singen die Blues Pills im Gegensatz zu vielen anderen Bands der letzten Jahre über normale Themen, Satan spielt hier keine Rolle und so fällt es leicht, sich auf die Band einzulassen.

Das Aussehen der Sängerin fällt natürlich auch positiv ins Gewicht. Zwar sollte dieser Punkt keine große Rolle spielen, doch wer sich als Postergirl für Jugendliche eignet, erweitert seinen Hörerkreis enorm. Die Blues Pills vereinen somit die Generation 50+ mit jüngeren Hörern sowie Subkultur mit Mainstream, was sich auch im Konzertpublikum wiederspiegelt. Neben Elin Larsson fällt auch der bereits erwähnte Sorriaux positiv auf. Ein sehr guter Gitarrist, wie man ihn selten findet. Überhaupt spielt die Band sehr gut zusammen. Der neue Drummer fügt sich perfekt in den Gesamtsound ein und Co-Songwriter/Bassist Zack Anderson legt ein gutes Bassfundament.

10 großartige Songs, eine fantastische Band

Doch nun zu den neuen Songs. Ein Wahnsinn! Etwas entfernt man sich vom Blues, wendet sich dem Soul zu. Mit Soulchor, der Elin Larssons Stimme perfekt ergänzt. Eine weitere Neuerung stellt der Sound einer Hammondorgel dar, gespielt von Gastmusiker Rickard Nygren. Hier klingt eine Band tatsächlich nach den frühen 1970er Jahren. Anspieltipps der A-Seite sind das heftigst eingängige Lady In Gold, Little Boy Preacher (etwas abwarten, der Song zieht an) und besonders I Felt A Change, eine Soulballade mit E-Piano, Mellotron und bisher wohl besten stimmlichen Leistung der Sängerin. Der Song mündet nahtlos in Gone So Long, dessen Spannungsbogen an Lennons I Want You (She’s So Heavy) erinnert.

Lediglich die zweite Seite der LP lässt leicht nach (auf CD: Ab Bad Talkers). Zwar gelingt es der Band auch mit einer Obskurität wie Bad Talkers zu punkten (erinnert mich irgendwie an Dr. John), jedoch fällt es etwas aus dem selbstgesteckten Rahmen. You Gotta Try und Rejection plätschern etwas uninspiriert vor sich hin, letzterer zieht im zweiten Teil immerhin merklich an. Dennoch finden sich auf der B-Seite zwei großarige Songs: Won’t Go Back (tolles Wurlizerspiel) und der großartige Abschluss Elements And Things.

Blick zurück in die späten 60s: Tony Joe White und die Blues Pills

Bei jenem Elements and Things handelt es sich um ein Tony Joe White Cover (LP: …Continued) – bereits im Original ein intensiver Song. Nun singt aber Elin Larsson alles an die Wand und Dorian Sorriaux veredelt den Sound mit einer Velvet-Underground-Gedächtnisgitarre. Ein furioser Schluss. Sehr gelungen auch die Bonus DVD, hier zeigt die Band wieder einmal, wie man auf Konzerten klingen sollte.

Erschienen bei Nuclear Blast.

Official Site.

Seite bei Nuclear Blast.

Die Blues Pills gehen im Herbst auf ausgedehnte Deutschlandtournee. Zusammen mit Kadaver (von deren Namen man sich nicht verschrecken lassen sollte – großartige Band aus Berlin) und einem Special Guest werden sie auch eure Stadt unsicher machen.

12.08.2016 Bildein (Picture On Festival) AT
19.08.2016 Torgau (Rock & Blues Nacht) DE
20.08.2016 Dinkelsbühl (Summer Breeze) DE
05.10.2016 Hannover (Capitol) DE
07.10.2016 Nürnberg (Löwensaal) DE
08.10.2016 Oberhausen (Turbinenhalle) DE
09.10.2016 Saarbrücken (Garage) DE
11.10.2016 Yverdon-les-Bains (L’Amalgame) CH
12.10.2016 Wiesbaden (Schlachthof) DE
14.10.2016 München (Tonhalle) DE
15.10.2016 Berlin (Columbiahalle) DE
17.10.2016 Linz (Posthof) AT
18.10.2016 Wien (Gasometer) AT
21.10.2016 Ludwigsburg (MHP Arena) DE
22.10.2016 Pratteln (Z7) CH
12.11.2016 Weissenhäuser Strand (Metal Hammer Paradise) DE

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