Betrachtet man heute die ersten vier CD-Cover, designt von Mindy Lacefield 1, fällt auf, wie sehr sich das Image der Schwestern von ihrem heutigen unterschied. Im Stil Lacefields werden die Musikerinnen als liebenswerte Comicfiguren präsentiert, die passend zur Jahreszeit gekleidet an Märchenfiguren erinnern und auch mal mit einem Vogel oder hinter einem Eisschloss posieren (man beachte die rückseitige Illustration von Winter). Kein Vergleich also zu den rockigen Posen von KIN oder Reskinned. Auch das Musikvideo zu Lang Hard Fall spricht diese Sprache und zeigt zwei junge Frauen, die sich ganz der Countryfolkästhetik verschrieben hatten. 2. Thick As Thieves hingegen zeigt das erste fotografierte Cover. Rebecca Lovell tritt hier erstmals mit Gitarre in Erscheinung, während ihre Schwester Megan noch mit Dobro anstatt Lapsteel posiert. Das alte Image beginnt langsam zu bröckeln, eine gewisse optische Eigenständigkeit entsteht und man beginnt sich vom Countryimage der singenden Familie zu lösen.

Rebecca Lovell sieht diese Entwicklung als den typischen Prozess einer Frau an, die auf der Bühne erwachsen wird und ihren eigenen Stil findet. Hinzu kam, dass man sich wie ein Rockstar fühlte und der Punkt gekommen war, an dem man dieses Gefühl auch optisch umsetzen wollte. 3 Die erste große Veränderung zeigte sich jedoch erst mit der Veröffentlichung des Albums The Sound Of The Ocean Sound. Zusammen mit dem norwegischen Songwriter Thom Hell 4, den man hierzulande vor allem als Duettpartner von Marit Larsen kennt, spielte man einige äußerst interessante Stücke ein. Die Perkussioparts wurden darüber hinaus von Sola Akingbola (Jamiroquai) eingespielt, der zufällig ein Tape von Larkin Poe hörte und mit ihnen arbeite wollte. Hier finden sich die bis dato besten Kompositionen der beiden Musikerinnen, die nicht nur auf musikalischer, sondern auch auf textlicher Ebene überzeugen.
Ich hatte die Möglichkeit die Band kurz vor und nach Veröffentlichung des Albums live zu erleben und mich mit den Musikerinnen über diese interessante Zeit zu unterhalten. Vor dem Album war die Zukunft der Band noch ungewiss. Dabei stand außer Frage, dass die Band weiter bestehen sollte – auf diversen Festivals verkaufte die Band so viele CDs wie keine andere und Larkin Poe hatten sich einen enormen Ruf erspielt. Lediglich wie es weitergeht, war noch nicht deutlich abzusehen. Man spielte bereits mit dem Gedanken, ein vollwertiges Larkin Poe Album aufzunehmen und suchte nach einer Möglichkeit, die Zielgruppe zu erweitern. Zum einen wollte man sich, wohl auch aus der Erfahrung mit den Lovell Sisters heraus, nicht ohne weiteres an ein Label binden, um nicht die Kontrolle über den künstlerischen Prozess zu verlieren. Hinzu kam das Streben der Schwestern, den idealen Song zu schreiben und zu versuchen, den Livesound (damals als Swampadelic Soul betitelt – eine Bezeichnung, die in den letzten Jahren keine Erwähnung mehr fand) auch auf den Alben zu konservieren. Während also das Konzert im September 2012 ein außergewöhnlich starkes war – man verließ sich ganz auf altes Material – folgte im April 2013 ein eher experimentelles Set mit vielen unveröffentlichten Songs (teilweise sogar mit Synthesizer und Megan als Leadsängerin), von denen einige später auch auf KIN zu finden waren. Schaut man heute die DVD Live from Stongfjorden (erhältlich zusammen mit der Thick As Thieves EP und dank traditioneller norwegischer Kleidung absolut empfehlenswert) fällt sofort auf, wie zahm man damals noch agierte und wie wenig der Bandsound mit dem zu tun hatte, was bereits wenige Monate später zum Trademarksound werden sollte. (5/7)
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Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.