(Review) Kinbom & Kessner – Lieder von Liebe und Krieg

Kinbom & Kessner

So heben wir uns eine der schönsten Aufnahmen für den Dezember auf. Gleich vorweg: Lieder von Liebe und Krieg gehört für mich zu den Top 10 des Jahres. Ohne zu übertreiben darf es als eines der schönsten deutschen Liedermacheralben der letzten Jahre gelten. Vergleichbar etwa mit Sebastian Lohses Erfolg!. Was aber machen Kinbom und Kessner so anders?

Jeder Musiker hat hier seinen eigenen Zuständigkeitsbereich. Während Fredrik Kinbom sich also auf die Kompositionen beschränkt, widmet sich Sonja Kessner den Texten. Eine Folge dieser Arbeitsteilung: Musik und Text passen zueinander, die Qualität der Interpretation stimmt. Was sie selbst nicht spielen können, wird von Gastmusikern interpretiert. Wo sich viele deutsche Liedermacher auf den Punk berufen, besinnen sich Kinbom und Kessner auf das Kunstlied und das Theater. Sie schaffen eine Einheit aus Klang, Komposition und Text, stellen die Schönheit – auch in den textlich hässlichen Momenten – in den Vordergrund. Zu keinem Zeitpunkt aber überschreiten sie die Schwelle zum Kitsch.

PRessefoto Kinbom Kessner
Photocredit 2015 by Anton Pohle

Neben der beschriebenen Trennung, die zur Einheit führt, darf auch die Relevanz der Texte nicht vernachlässigt werden. Liebe und Krieg – zwei überaus aktuelle Themen, die man geschmackvoll und ohne dem Voyeurismus zu verfallen, umsetzt. Lyrisch erinnert das Album an Chansons der 20er/30er Jahre, aber auch an Meret Becker oder den frühen Hannes Wader. Auf kompositorischer Ebene wird man ebenfalls bei den genannten Referenzpunkten fündig, jedoch besteht im Sound auch eine Parallele zum Krautfolk der 70er Jahre (ein erster Gedanke ging in Richtung Witthüser und Westrupp – Bauer Plath).

Alles in allem überzeugt das sehr gutes Album vor allem aufgrund seiner Konzeptionalität und Emotionalität. Das gewählte Thema wurde bereits oft umgesetzt, meist jedoch kitschig (man denke etwa an Lindenbergs Wozu sind Kriege da oder Wegeners Sind so kleine Hände). Es fällt schwer, einen Anspieltipp zu nennen, denn wer sich für Liedermachermusik und Chansons begeistern kann, wird sofort gefesselt. Besonders gefallen mir jedoch Weckt nicht die Liebe, Schlaflied für Marie und Wie früher (als Erna schön war). Ein wunderbares Album, eine künstlerische Zusammenarbeit die unbedingt fortgesetzt werden sollte und alle Aufmerksamkeit der hiesigen Musikpresse verdient. Ein Kritikpunkt soll dennoch genannt werden: Hin und wieder wurde der Gesang etwas in den Hintergrund gemischt – in diesen Momenten muss man sich doch arg konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren.

Erschienen bei Theater.Macht.Musik. Website der Band.

Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten.
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