2015: Ein Jahr, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte. Nach dem schmerzlichen Verlust eines guten Freundes im ersten Quartal konnte es eigentlich nur besser werden. Während es privat also weniger erfreulich lief (aber immerhin besser als 2014), ging es beruflich voran. So erschien etwa mein erstes eigenständiges Essay über die Beach Boys im Wehrhahn Verlag. Doch was hielt das Jahr musikalisch, filmisch und literarisch bereit?
Top 10 Alben
Kinbom & Kessner – Lieder von Liebe und Krieg. Ein in allen Belangen großartiges Liedermacheralbum, wie ich es so nicht mehr erwartet hätte. Weder die eigene Freundin noch irgendwelche anderen Banalitäten werden besungen. Wie auch Manfred Maurenbrecher (ein weiteres Highlight des Jahres) bezieht man Stellung und schafft einen musikalischen Rahmen, der zu gefallen weiß.
Kacey Musgraves – Pageant Material. Bereits das Debütalbum wusste zu gefallen und bot einige Songs, die man bereits als moderne Klassiker bezeichnen darf. Das neue Album gelang sogar noch besser. Jeder Song mit Ohrwurmqualität, großartige Texte und ein Hidden Track mit Willie Nelson. Kacey Musgraves begeistert auch 2015 und mauserte sich endgültig zu einer meiner Lieblingsinterpretinnen.
Horisont – Odyssey. Das letzte Album von Horisont war gut, aber keineswegs hervorragend. Die Zutaten stimmten, doch das Ergebnis wirkte halbgar. Und dann kam Odyssey. Ein neues Bandmitglied, Hinwendung zum Progressive Rock – Horisont entwickelten sich weiter. Von dieser Band wird hoffentlich noch viel zu hören sein, denn ihr Mix aus Queen, frühen Judas Priest und Wishbone Ash gibt es derzeit tatsächlich nur bei den Schweden zu hören.
Blues Pills – Live. Es hat ja Methode. Eine Band oder ein Musiker veröffentlicht sein Album, ein paar Monate später steht dann das Livealbum in den Regalen. So gelingt es, schnell und ohne größere Kosten ein weiteres Produkt unter die Fans zu werfen. Die Blues Pills jedoch zeigen erst hier, was wirklich in ihnen steckt und so gelang es der Band, auf ganzer Linie zu überzeugen. Was auf dem Album noch etwas zahm klang, entfaltet sich zu einem wahren Monster. Gitarrensoli, umwerfender Gesang – ein Fest.
Demon’s Eye – Under The Neon. Eine Deep Purple Coverband nimmt ein eigenes Album auf. Klingt nach übler Kopiererei – stellt sich in der Praxis jedoch als sehr eigenständiges Album heraus, dessen Fokus zwar auf dem Sound der Vorbilder liegt, als Gesamtwerk aber ganz ausgezeichnet funktioniert. Ich drücke die Daumen für ein drittes Album.
Lana Del Rey – Honeymoon. Sie zählt derzeit zu den ganz großen Künstlerinnen. Umso mutiger ihr Vorgehen, denn Honeymoon entzieht sich einer kommerziellen Verwertung; ihre Songs passen nicht ins Radio. Ausgiebig wird die Ruhe zelebriert, Del Rey gibt sich betont elegisch und der Hörer wünscht sich an ihre Seite. Wer kann dieser Stimme wiederstehen?
Monophonics – Sound Of Sinning. Die Monophonics entdeckt ich zufällig. Meine Masterarbeit sollte vor ein paar Jahren ausgiebig zelebriert werden und so verschlug es mich mehrere Tage lang in die Blues Garage Isernhagen, wo die Band gerade auftrat. Bereits das damalige Touralbum “In Your Brain” zeigte, wie Retrosoul auch klingen kann. “Sound Of Sinning” setzt diese Großartigkeit fort. Ein leidenschaftliches, emotionales Album.
Lucy Hale – Road Between (Deluxe). Eigentlich ein Album von 2014. Ich entdeckte es erst kürzlich und bin doch sehr begeistert. Lucy Hales gesangliche Fähigkeiten zeigten sich bereits in “Pretty Little Liars”, da war ein Popalbum eigentlich nur eine Frage der Zeit. Hale jedoch wendet sich dem Country zu, singt u.a. Songs von Kristian Bush und Kacey Musgraves, zeigt in den Bonustracks aber auch selbst Songwriterqualitäten. Überhaupt sind es jene zusätzlichen Stücke, die besonders gut zu gefallen wissen und tatsächlich den Griff zur Deluxe-Version rechtfertigen.
Brian Wilson – No Pier Pressure. Ein großes Jahr für Brian Wilson: Sein Film kommt ins Kino – die Kritiker lieben ihn. Der Filmsong wird für den Golden Globe nominiert. “No Pier Pressure” hingegen wirft keinen Hit ab, trotz prominenter Gaststars und einiger wirklich schöner Songs. Ob mit Kacey Musgraves oder Nate Ruess – seine Songs haben immer noch das Zeug zum Hit. Lediglich die musikalische Welt hat sich zu sehr gedreht. Da werden die guten Songs manchmal leider übersehen.
Jeff Lynne’s ELO – Alone In The Universe. Ein neues Album von Jeff Lynne und ich stehe sofort im Plattenladen, zählen doch “ELO I/No Answer”, “Eldorado” und “Discovery” zu meinen Lieblingsalben. Diesmal spielt Lynne jedoch alle Instrumente selbst (außer Tamburin). Ein Egotrip also, der die typischen ELO-Momente bietet und dem Fan gibt, wonach er verlangt. Alle anderen dürfen sich über einige wunderbare Songs freuen.
Top-Filme
Meine Vorliebe für experimentelle Filme sollte kein Geheimnis mehr sein. Ebensowenig verheimliche ich meine Aversion gegen das Kino an sich – also dem Ort, nicht dem Medium. Somit finden sich hier vor allem Blu-ray Releases. Zu meinen Higlights zählen:
- Love And Mercy
- Der Tod weint rote Tränen
- Horsehead
- The Dance Of Reality (für mich der Film des Jahrzehnts)
- Der Babadook
- Here Comes The Devil
- Frank Zappa: Roxy The Movie.
Meine Entdeckung des Jahres waren:
- Der alte Mann und das Kind (1967)
- Mit den Waffen einer Frau (1958)
- Und erlöse uns nicht von dem Bösen (1971)
- Morgiana (1972).
Top-Comics
- Luke Pearson – Hilda und der schwarze Hund
- Alejandro Jodorowsky u. Georges Bess – Der weiße Lama
- Guido Crepax – Valentina
- Charles Burns – Zuckerschädel
- Daniel Clowes – Mister Wonderful
- Jim – Wo sind die großesn Tage geblieben? (Helena hingegen schwächelt im ersten Teil, wir werden sehen, wie sich der Comic entwickelt. Mir gefällt der Protagonist hier nicht)
- Emmanuel Guibert u. Marc Boutavant – Ariol: Eine ganz schöne Kuh
- Marc-Antoine Mathieu – Richtung.
Top-Songs (die nicht in den Top-Alben zu finden sind)
- Rumer – Dangerous: Endlich mal wieder ein richtig guter 70s Disco-Song. Yachtpop Deluxe.
Taylor Swift – Out In The Woods (Live @ Grammy Museum): Eine tolle Akustikversion. - Taylor Swift: Wildest Dreams. Wunderbares Video. Entschädigt für Bad Blood.
- Phela – Alles auf Anfang.
- Jonathan Jeremiah – Wild Fire. Mein Interview mit ihm findet sich hier.
Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten. Werbung: Wenn dir der Artikel gefällt, wirst du mein Buch lieben: The Beach Boys - Pet Sounds
Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.