Joss Stone – das einstige Wunderkind des Soul – meldet sich mit einem neuen Album zurück und wieder einmal beginnt sie ganz von vorn, dreht alle Uhren auf Null zurück. Ich könnte an dieser Stelle viel über ihr neues, durchaus gelungenes Album schreiben, doch die vielen Worte sollen lieber für ein kleinen Rückblick genutzt werden. Als Joss Stone gerade ihr erstes Album The Soul Sessions veröffentlichte, schrieben wir 2003. Viel wurde damals über sie geschrieben. Eine wunderbare Stimme hätte sie, keiner könnte ihr das Wasser reichen. Durch den Gesang drücke sie sich aus, sogar ihre Legasthenie wäre dann kein Problem mehr. Der hiesige Redakteur ignorierte Stone damals noch. Doch als er 2004 einen Freund in Paris besuchte, sollte sich diese Haltung ändern. Im Gepäck hatter er das Music Manual, eine ausgezeichnete Musikzeitschrift mit Fokus auf seriöser Musik, ohne Hipsterattitüde, welches aber Inspiration für hiesiges Webzine werden sollte. Joss Stone war ihm damals vollkommen egal. Ein Coveralbum habe sie aufgenommen und die stehen bei ihm immer im “Hat-keine-eigenen-Ideen”-Verdacht. Eines Tages machte der Redakteur dann eine Ruhepause von den stundenlangen Stadtspaziergängen. Nach einem Woody Allen Film (Annie Hall) war noch Zeit und so las er einen Artikel über das Covergirl. Also vertiefte er sich in seine Zeitschrift und kaufte bald das Folgealbum Mind Body & Soul , fand (und findet) das Album (bis heute) sehr gut (und wünscht sich seither eine Joss Stone zurück, die wieder solche Musik macht).
Stones aktueller Song The Answer
Für Stone stand damals die Welt offen. Und dann kam Amy Winehouse. Ausgerechnet das dritte Album erschien in Deutschland quasi parallel zu Introducing … Joss Stone (November 2006 zu März 2007). Echt blöd gelaufen. Dazu kam, dass Stones neuestes Werk eher durchschnittlich war. Und so ging es weiter. Von Album zu Album machte sie nun angeblich, was sie wollte. Jedes vorherige Album sei nicht wirklich ihr Wunsch gewesen (man beachte die Titel: Introducing…, Colour Me Free!, LP1 – immer wieder der Verweis auf Neuanfang und Freiheit), ständige Erneuerung. Sie wurde zu einer dieser Künstlerinnen, die einerseits immer irgendwie da sind, die man aber nicht wahrnimmt (ein Schicksal, das sie sich mit Amy MacDonald teilt).

2011 solltedann ihr Jahr werden. SuperHeavy! stand in den Regalen. Eine Supergroup aus David Stewart, Mick Jagger, A. R. Rahman, Damian Marley (dem wir die Initialzündung für Water For Your Soul verdanken) und Joss Stone als Sängerin. Auf dem Papier sah all das nach Erfolg aus. Leider, ja leider … ein künstlerischer Totalflop (Immerhin: das Album blieb 9 Wochen in den Charts). Ein wildes Durcheinander aus nicht zueinanderpassenden Stilen innerhalb einzelner Stücke. Also entschied man sich für das einzig vernünftige: Einen Schnitt. Vollzogen mit dem hervorragenden The Best Of und dem guten The Soul Sessions 2.
Stuck On You, ebenfalls vom neuen Album.
Nun schreiben wir das Jahr 2015. Unser einstiges Soulwunderkind singt immer noch fantastisch, absolvierte eine Welttournee, die diesen Titel auch verdiente und ihr neues Album Water For Your Soul stellt neben den Soul Sessions und Mind, Body & Soul ihre beste und künstlerisch gelungenste Veröffentlichung dar. 14 überwiegend gute Reggae-Songs warten darauf, entdeckt zu werden. Gut produziert, fantastisch klingend und, tja, neu. Wenn das Stones neuer Stil sein soll, gibt es dagegen nichts einzuwenden. Man spürt, dass sie angekommen ist, dass ihr Album aus Liebe entstand, nicht aus kommerziellen Erwägungen (weil, naja, Reggae… Gehört jetzt nicht zu den kommerziellsten Richtungen). Und man darf ihr auch Respekt zollen. Dafür, dass sie nicht zum seelenlosen Pop wechselte, als es weniger gut für sie aussah (man darf hier ein wenig übertreiben: sie war noch mit jedem Album in den Charts vertreten, abgesehen von Colour Me Free! sogar immer in den Top 10). Apropos seelenlos: Der Coverdesigner versaut es dann doch irgendwie. Sieht man die CD im Laden, so denkt man unweigerlich an Parfümwerbung. Man kann gar nicht beschreiben, wie wenig die Verpackung zum Inhalt passt.
Erschienen bei Stone’d / Membran / Sony Music.
Right To Be Wrong: Der Song, der mein Interesse weckte. Damals, 2005.
Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten. Werbung: Wenn dir der Artikel gefällt, wirst du mein Buch lieben: The Beach Boys - Pet Sounds
Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.