Manfred Maurenbrecher – für den hiesigen Rezesenten lange Zeit ein Unbekannter. Einer, der ihm entging, was er wirklich bereut. Vor ein paar Monaten dann ein Leonard-Cohen-Tribut-Sampler mit eher durchschnittlichen Coverversionen, von denen eine jedoch sehr positiv überraschte: Sie stammte von Manfred Maurenbrecher. Als dann einige Wochen später eine E-Mail ins Postfach flatterte, deren Herzstück das Video zu Staubsauger war, sollte nach intensiver Recherche ein eigenartiges, seltsames und musikalisch wie textlich ganz vorzügliches Werk zu Tage treten. Dumm fickt gut war da nur die Spitze des Eisbergs (übrigens eine nicht bewiesene Behauptung, die statistisch unbedingt überprüft werden sollte). Maurenbrecher jedoch zotigen Humor zu unterstellen trifft nicht mal ansazuweise den Kern seiner Texte, denn wer mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde und (ziemlich zu Recht) mit Tom Waits verglichen wird, kann kein schlechter Mensch sein. Und siehe da: Rotes Tuch zählt zu den wenigen deutschen Alben der neueren Zeit, die sowohl inhaltlich als auch musikalisch überzeugen. Endlich ein Musiker, der sich noch traut, Stellung zu beziehen. Einer der beobachtet und den Finger in die Wunde legt, dabei aber glücklicherweise die Moral im Keller einsperrt, wo auch all die sonst üblichen Geschichten über (Ex-)Freundinnen ihr Dasein fristen müssen. Maurenbrecher, ein Meister der Worte, der auch vor absurden Zeilen nicht zurückschreckt, tatsächlich den Mut aufbringt, über das aktuelle politische Geschehen zu singen und immer wieder – fast dokumentarisch – von Alltäglichkeiten berichtet. Texte, die sich auch abseits ihres Verwendungszwecks lesen lassen, Lyrics, die eben nicht nur als Gedicht funktionieren und – ganz im Sinne früher amerikanischer Singer/Songwriter – den Charakter einer gesungenen Kurzgeschichte aufweisen. Maurenbrechers durchdringende Stimme, die uns bereits beim oben genannten Cohen-Tribut auffiel, lässt die Musik direkt wirken, wie von einem Mann, der aus dem Volk berichtet und hin und wieder von der fein gestrickten Lyrik ablenkt.
Erschienen bei Reptiphon.
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Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.