She & Him – Classics

Zooey Deschanel

Zooey Deschanel und ich, eine sehr lange Liebesgeschichte, die vor knapp 13 Jahren begann (Almost Famous) und dann vor zwei Jahren langsam zerbröckelte. Das lag vor allem an drei Gründen: New Girl, Hello Giggles und Volume 3.

Deschanel ist eigentlich eine ziemlich gute Schauspielerin. Winter Passing, Almost Famous oder (500) Days Of Summer zeigen sie in verschiedenen Rollen und sie versteht es, alle auszufüllen. Ob nun die große Schwester, die wir uns alle wünschen, eine depressive Autorentochter oder manipulative Freundin (eine Rolle, die sie übrigens zuvor bereits in Weeds zur Vollendung brachte). Dann kam New Girl und mit New Girl festigte sich bei ihr die Überzeugung, nur noch Rollen zu spielen, die lustig sind. Eine unerhörte Limitierung, bei der man sich nicht wundern muss, wenn man aufgrund der eigenen, selbstgewählten (!) schauspielerischen Beschränktheit nicht die gutbezahlten Angebote bekommt. Während die erste Staffel in der Tat lustig ist, muss man doch zugeben, dass Deschanel lediglich einen emotionalen Grundzustand verkörpert. Ihre völlig überzogenen Sidekicks nerven bereits in der zweiten Staffel heftiger als der How I Met Your Mother oder der Post-Charlie-Sheen Two And A Half Man Cast. Von der „Schmidt kann sich nicht zwischen emotional stabilem Topmodel und depressiver, übergewichtiger, extrem anstrengender Frau entscheiden“-Storyline einmal abgesehen, von der ich mich als Zuschauer nicht nur leicht, sonder sehr veralbert (und darüber hinaus auch erzogen) fühle, der zudem die Charakterentwicklung komplett ignoriert, bietet die Serie einen Haufen überdrehter Hühner (männlich und weiblich!), deren Überdrehtheit i.Ü. nicht ausreichend erklärt wird (wie es geht: Community anschauen).

Hello Giggles, Deschanels Internetseite, deren Ideal es ist, einen Raum zu schaffen, an dem eine positive Atmosphäre herrscht, wandelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Ort, der unkritisch alles beklatscht, was Frauen und Mädchen so machen. Zudem wird, und das geht gar nicht, Deschanels Arbeit glorifiziert und in erheblichem Maß beworben (ob neuer Film, neues Album oder Bestenliste: die Chance, dass es sich dabei irgendwie um Deschanel dreht, ist hoch). Immer unter dem Deckmäntelchen des Journalismus. Kritik unerwünscht, das sei schließlich Negativität und die wolle man hier nicht. Aber Kritik ist nicht gleichbedeutend mit Negativität. Sie kann auch ermutigen und neue Sichtweisen einbringen.

Aber zurück zur Musik. Volume 3 war schlecht. Nicht etwa mittelmäßig, sondern einfach schlecht. Überproduziert, unzureichend auskomponiert, langweilig. Keine Spur vom Charme der ersten drei Alben (Volume 3 erschien erst nach dem eigentlichen dritten Album). Es klang so, als hätte Deschanel einen Vertrag zu erfüllen, aber keine Lust, neben der ewigen Selbstinszenierung auch noch gute Stücke zu komponieren. Vieles lag sicher auch an der Produktion und an Füllmaterial. Die Capitol Sessions, eine charmante Digital-Only-EP, auf der man sich der stärksten Songs erneut annahm und sie abgespeckt live-im-Studio einspielte, unterstreicht diese Vermutung.

Es folgte der Wechsel zu Columbia. Mit Classics erscheint nun also ein Coveralbum. Coversongs, die standen der Deschanel immer gut, da fühlte sie sich sicher, auch in ihren dunkelsten Tagen (Volume 3). Und doch bleibt ein fahler Beigeschmack. Wieder ein dahin geschludertes Album? Oder doch ein Gewinn wie A Very She & Him Christmas? Letzteres. Zum Glück. Bereits in der kurzen Zeit, da mir das Rezensionsexemplar vorliegt, habe ich das Album öfter gehört, als Volume 3 seit Veröffentlichung. Eingespielt mit einer Liveband, also in der Tradition der zuvor veröffentlichten EP, entstand ein bezauberndes Album. M.Ward hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet, arrangiert gekonnt, ohne die Songs in Ideen zu ertränken. Lediglich This Girl’s In Love With You – im Original von Burt Bacharach und Hal David, eingesungen von Herb Alpert) enttäuscht. Es fehlt die Lockerheit, denn insbesondere der wenig perfekte Vortrag eines Herb Alperts machte das Stück zu einem fantastischen Kleinod. Deschanels Stimme wirkt hier deplatziert. Der Swing des Originals ist Ward & Deschanel hier vollends abhanden gekommen, was verwundert, denn ein Song wie Would You Like To Take A Walk zeigt, dass sie und Ward (dessen Gesang mir immer besser gefällt) fähig sind, auch betont locker zu interpretieren. Nichtsdestotrotz Unterhält Classics bestens. Bei weitem kein Meisterwerk, aber ein Album zum Entspannen, Dinieren, Lesen. Ich hoffe, ja wünsche mir, dass Volume 4 diesem Trend folgen wird, Deschanel ihren Kompositionen etwas mehr Aufmerksamkeit schenkt. Denn die ersten beiden Alben sind Klassiker. Volume 1 arrangiert sich mit den beschränkten Produktionsmitteln, während Volume 2 der produktionstechnische Befreiungsschlag war. Kompositorisch durchdacht waren sie beide.

Wie es nun mit mir und Deschanel weitergeht? Man wird es sehen. Und bis dahin bleibt mein geheimes Verhältnis zu Taylor Swift, die, man mag es kaum glauben, ziemlich gute Songs schreibt und sie hin und wieder auch so vorträgt, wie sie gehört werden sollten: Im Countryarrangement (Tipp: Taylor Swift + Alison Krauss + Vince Gill googlen).

Erschienen bei Columbia.

Subjektiv: [xrr rating=4/5] Objektiv: [xrr rating=4/5]

Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten.
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