Es ist schon paradox: Eine Künstlerin nimmt zwei fantastische Alben auf, von dem das Zweite sogar noch weiter vom Mainstream entfernt zu sein scheint, als das ohnehin sperrige Erste, mit einer tollen Stimme und dem Talent gesegnet, großartige Texte zu verfassen, die dem Hörer plastische Bilder vom Trailerpark-Amerika zeichnen. Und doch interessieren sich die Menschen nicht etwa für die Chartposition oder die musikalische Qualität einer Lana Del Rey, nein, ihr Image steht im Vordergrund. Musik mit Tempowechsel, melancholischer Grundstimmung, weitab vom Mainstream und trotzdem auf den Mp3-Playern der Justin-Bieber-Zielgruppe … Sicher, da interessiert es doch weitaus mehr, ob ihre Lippen aufgespritzt wurden, ob sich die Cobain/Love-Tochter über die Vorbildfunktion Del Reys echauffiert (einer dieser extrem skurrilen Twitter-Momente!) oder ob sie auf dem Reißbrett eines Majorlabels entworfen wurde. Tja, und jetzt gehen wir mal davon aus, dass sie wirklich kein bisschen authentisch ist und dem kapitalistischen Hirn eines Marketingexperten entsprang. Wo liegt das Problem?
Ich entdeckte Lana Del Rey als Gastsängerin bei den mir verhassten Mando Diao und als sie zu singen begann, änderte sich meine musikalische Welt zum Positiven. Plötzlich war alles wieder einigermaßen in Ordnung. Als dann das Debüt folgte, war da nur noch pure Freude. Ob das Album nun authentisch ist oder nicht … Egal. Ultraviolence setzt sogar noch einen drauf. Ein Gänsehautmoment jagt den nächsten, ihre verhallte Stimme singt so großartige Stücke wie Shades Of Cool, West Coast oder Brooklyn Baby. Oh wie großartig ist doch Brooklyn Baby! Diese Gitarrensounds und dann dieser Text: „Well my boyfriends in a band, / He plays guitar while I sing Lou Reed / I’ve got feathers in my hair / I get down to Beat poetry / And my jazz collections rare / I can play most anything / I’m a Brooklyn baby.” Pure Gänsehaut. Hin und wieder taucht der Vergleich mit David Lnych auf und ja, die Stimmung seiner Filme, seiner Twin-Peaks-Songs – sie werden von Lana Del Rey eingefangen, um ihren eigenen Kosmos erweitert, die Kunstfigur perfektioniert. Ultraviolence lege ich deshalb jedem Musikfan ans Herz und wünsche der Künstlerin allen Erfolg der Welt.
Erschienen bei Universal.
Subjektiv: [xrr rating=5/5] Objektiv: [xrr rating=5/5]
Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten. Werbung: Wenn dir der Artikel gefällt, wirst du mein Buch lieben: The Beach Boys - Pet Sounds
Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.