Mick Harvey – Intoxicated Man / Pink Elephants

Intoxicated Man Mick Harvey

Mit Intoxicated Man / Pink Elephants wurden gleich zwei Alben von Mick Harvey wiederveröffentlicht (diesmal als Doppel-CD), mit denen ich mir sehr schwer tue. Aufmerksamen Lesern wird es nicht entgangen sein: Serge Gainsbourg hat bei mir einen ganz hohen Stellenwert. Musikalisch und lyrisch passt alles zusammen, kaum ein anderer europäischer (Festland) Musiker kann ihm das Wasser reichen, in seiner selbstgeschaffenen Sparte nimmt er sowieso eine gottgleiche Position ein. Harvey übernimmt nun die Rolle einen Scott Walkers oder Klaus Hoffmanns (im Bezug auf Brel). Er überträgt die Texte ins Englische und covert den Franzosen mal mehr und mal weniger werkgetreu. Bereits der Soundtrack zu Sfars Vie Heroique und einige Tributsampler machten deutlich, auf welch dünnes Eis sich covernde Musiker begeben können. Oftmals misslingt das eigene Vorhaben, manchmal jedoch übertrifft das Cover sein Original – oder modernisiert es einfach nur geschickt. Mick Harvey verdeutlich indes, das Gainsbourgs Texte schwer ins Englische zu übertragen sind. Doppeldeutigkeiten gehören da eher zum kleineren Problem. Vielmehr will der englische Klang nicht zur französischen Melodie passen. Hinzu kommt Harveys Griff zum Atonalen, besonders die Stücke auf Intoxicated Man sind bisweilen nicht wiederzuerkennen (andere jedoch gut gelungen). Etwas besser schneidet jedoch Pink Elephants ab. Größtenteils erkennt der Hörer sofort, um welches Stück es sich handelt. Der Mix ist differenzierter, die Melodien näher am Original. Stücken wie Black Seaweed oder Non Affair gelingt es sogar, eine eigene Ästhetik zu entwickeln. Teils vergisst man hier sogar, dass es sich eigentlich nur um Coverversionen handelt. Ebenfalls außergewöhnlich gut gelungen: To All The Lucky Kids. Für mich eines der großartigsten Gainsbourg-Songs und von Mick Harvey von seinem Elektrosound befreit zeigt sich hier die Größe des Spätwerks. Generell fällt auf, dass jene Stücke, die auch auf dem Vie-Heroique-Soundtrack großartig klangen, auch in der Kombination Mick Harvey/Anita Lane bestens funktionieren (Who is ‚In‘ Who is ‚Out‘, das Melody-Nelson-Material). Leider geht die Lockerheit eines Gainsbourgs etwas unter. Trotzdem empfehle ich die beiden CDs wärmstens weiter, denn auch wenn Intoxicated Man eher mäßig geriet, überzeugt das auf Pink Elephants gebotene Material umso mehr. Darüber hinaus bietet ein Booklet gute Übersetzungen der französischen Texte, was für viele Gainsbourg-Neulinge sicher hilfreich sein wird. Doch auch abseits der Texte stehen die Melodien eines Gainsbourgs für sich. Auch in den Harvey-Interpretationen.

Erschienen bei Mute.

Intoxicated Man: [xrr rating=2/5] Pink Elephants: [xrr rating=3/5]

Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten.
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