Der besondere Film: Timer

Timer Emma Caulfield

Oona ist fast 30 Jahre alt und hat noch immer nicht den Mann fürs Leben gefunden, ein Schicksal, das sie mit ihrer Halbschwester teilt. Eine Geschichte, die in dieser Form als Grundlage für viele RomComs herhalten muss und reichlich platt wäre, gäbe es nicht eine kleine Varianz in Form eines Geräts, dass sich Timer nennt. Ins Handgelenk implantiert zeigt es an, wie lange der Träger noch auf den idealen Partner fürs Leben warten muss. Doch während Oonas Schwester viel zu lange auf ihren Idealpartner warten muss, zeigt ihr eigener Timer noch gar nichts an. Immer, wenn sie glaubt, den Partner gefunden zu haben, bittet sie ihn, sich ein Implantat einsetzen zu lassen. Sie will völlige Gewissheit: Fehler und Enttäuschungen sind keine Option. Angeregt durch ihre völlig auf das Gerät versessene Mutter merkt Oona nicht, dass sie dabei ihr Leben komplett vernachlässigt, sich selbst immer wieder enttäuscht, denn eigentlich ist Oona mit einem Mann glücklich, der keinen Timer trägt …

Zugegeben: Die Story klang flach und der Science Fiction Aspekt war im ersten Moment nicht wirklich überzeugend. Lediglich Emma Caulfield und Michelle Borth machten mich neugierig. Dabei überzeugt neben den beiden Hauptdarstellerinnen vor allem Oonas Mutter, eine völlig gestörte Person, die jeden herabwürdigt, der sich dem Timer verweigert und so das Liebesleben ihrer Töchter zerstört. Aber auch ihr Sohn, der mit 14 bereits erfährt, wer seine Frau fürs Leben ist, muss unter ihrem Wahn leiden, darf er doch keine Erfahrungen sammeln und wird auf eine Frau festgelegt, die er nicht einmal genauer kennt. In dieser Hinsicht wird das Zukunftsszenario perfekt durchgespielt. Wird unser Leben wirklich besser, wenn wir sofort den Idealpartner finden oder werden wir als Menschen auf diese Weise fremdbestimmt? Gibt es überhaupt Idealpartner und haben wir Wahlmöglichkeiten? Lohnt es sich, den Fortschritt zu ignorieren und durch Fehler zum Glück zu finden? Ein Aspekt, der mich nach der ersten halben Stunde gepackt hat. Emma Caulfield überzeugt in ihrer Rolle und verleiht ihrer Figur die nötige Tiefe, ihre Filmmutter sowie ihre Filmschwester sorgen für die nötige Priese schrägen Humor. Wirklich herrlich sind dabei die Szenen, bei denen wir Michelle Borth bei ihrem Job in einem Altenheim beobachten dürfen.

Weniger überzeugend sind dabei die Rollen der Männer. Zwar in Ansätzen interessant (Oonas Burder, dem es überhaupt nicht gefällt, zu wissen, wer die Frau fürs Leben ist, Oonas Teilzeitfreund, der den Timer hasst und seiner Freundin vorwirft, nicht er würde sie betrügen, sondern sie ihn, da ihr Timer jederzeit anschlagen könnte oder Oonas Vater, dem sein Timer-Ergebnis schlichtweg egal ist), doch letztendlich zu Eindimensional geraten: Entweder Nice-Guy oder sympathischer Trottel. Im Vergleich zu den gut ausgearbeiteten Frauenrollen enttäuscht der Film hier auf ganzer Linie. Und doch weiß die Grundidee wirklich zu gefallen. Mit dem nötigen Charme eines Independentfilms wird man spätestens nach der etwas zähen Einleitung gut unterhalten, dem Zuschauer bleibt selbst überlassen, ob der Timer nun Fluch oder Segen ist.

Leider überrascht das Ende des Films dann in keiner Weise. Um vollends zu überzeugen fehlt es an einer interessanten Pointe (der Timer könnte sich z.B. irren), Regisseur Jac Schaeffer spult vielmehr typische Hollywoodmuster ab, die hinreichend bekannt sind. Ein Schuss beißender Zynismus wäre wünschenswert gewesen. Es verhält sich ein wenig so wie mit Harry und Sally (der davon abgesehen ein sehr viel besserer Film ist): Dem guten Rumpf steht ein kitschiges Ende entgegen, dass auf die Erwartungen des weiblichen Publikums abzielt und dabei den Rest der Geschichte völlig ignoriert. Vom Ende abgesehen weiß der Film jedoch zu gefallen, Fans von Emma Caulfield kommen auf ihre Kosten und eine Science-Fiction-Liebeskomödie im Indielook sieht man auch nicht alle Tage. Überdies ist der Soundtrack mit Iron & Wine und Sufjan Stevens wirklich sehr gut bestückt.

Erschienen bei Anolis.

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