Manche Menschen sind einem sofort sympathisch. Stephanie Nilles zum Beispiel, die ihr Leben auch als klassische Musikerin hätte bestreiten können, wäre sie dem ihr vorgegebenen Weg nur weiter gefolgt. Doch als sie merkte, dass sie mehrere Stunden am Tag allein in einer Übezelle verbringen muss und die zu perfektionierende Musik nicht einmal einen Bezug zum eigenen Leben hat, tat sie, wofür nur wenige Menschen Mut habe: Sie schmiss hin, zog alleine nach New York City und wird Teil der Anti-Folk-Bewegung. … takes a bigh ship zeigt nun in eindrucksvoller Weise, dass sich ihr mutiger Schritt gelohnt, ja sogar ausgezahlt hat. Lediglich gimme a pigfoot (and a bottle of beer) schreckt im ersten Moment etwas ab, doch bereits das zweite Stück der CD präsentiert eine jazzige Songwriterin mit Gespür für den richtigen Text und tolle Melodien. Neben Nilles sticht vor allem Zach Brocks großartiges Violinenspiel hervor, caution tape ist in dieser Hinsicht eine Offenbarung. Nach einem großartigen Violinenintro folgt ein nicht minder toller Pianopart, ein großartiger Text (ohnehin hat Nilles eine Menge zu sagen, wie z. B. auch #occupymypussybitch und canadians are from canada beweisen) und wird durch das perfekte Zusammenspiel mit Matt Wighton (b) und Frederick Kennedy (dr) vervollständigt. Lediglich die allzu deutlichen Einflüsse auf Nilles treten m. E. etwas zu sehr in den Vordergrund. Besonders Tom Waits und Ani DiFranco sind immer wieder greifbar. Keine schlechten Einflüsse und doch fehlt noch eine gewisse Loslösung von den Vorbildern. Dennoch: … takes a bigh ship ist überdurchschnittliche Unterhaltung. Stücke wie #, mazurka, caution tape, #occupymypussybitch oder ol’tin pan joe (feat. The st. agnus chorus) sind unglaublich intensive, heben sich ab vom Einheitsbrei anderer Jazz/Folk Produktionen unserer Zeit. Hinzu kommt Nilles eindrucksvoller Gesang, der Hang zu gehaltvollen Texten und die sehr guten musikalischen Fähigkeiten, die niemals steril klingen und zwischendurch auch kleine Ungenauigkeiten aufweisen, hinterlassen einen mehr als positiven Gesamteindruck.
Erschienen bei Tradition & Moderne GmbH.
Subjektiv: [xrr rating=4/5] Objektiv: [xrr rating=4/5]
Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten. Werbung: Wenn dir der Artikel gefällt, wirst du mein Buch lieben: The Beach Boys - Pet Sounds
Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.