Album der Woche (11): Jethro Tull´s Ian Anderson – Thick As A Brick 2

TAAB 2

Als bekannt gegeben wurde, dass Ian Anderson plant, eine Fortsetzung zu Thick As A Brick zu veröffentlichen, gingen beim hiesigen Redakteur in spontan Hysterie alle Lichter aus. Das hatte folgende Gründe: Zum einen ist das Uralbum sein Lieblingsalbum, zum anderen scheint es unübertrefflich genial zu sein. Zu groß die Angst vor einer üblen Enttäuschung. Seien wir einmal ehrlich: In den letzten 20 Jahren, seit mit Roots To Branches das letzte gute Tull-Album erschien (Über Dot Com schweigen wir einfach, ok?), veröffentlichte die Band bzw. ihr Komponist Schrott, der seinen Höhepunkt im vollkommen überflüssigen Plays The Orchestral Jethro Tull, einer Tortur in Form eines Doppelalbums, fand. Es folgten unzählige Hitkollektionen. Andersons Stimme klang fürchterlich. Ein Progalbum schien unmöglich, denn der allseits bekannte Flötist machte keinen Hehl daraus, dass er die Musikrichtung ebenso sehr verachtete, wie auch Surroundmixe seiner Alben. Warum kein neues Album erschien: Die Musiker hätten inzwischen andere Hobbys. Dass Anderson diese Ausreden in früheren Zeiten als Kündigungsgrund betrachtete, lies darauf schließen, dass bestimmte Elemente keine Lust mehr hatten. Warum sich also mit Altlasten abgeben? Doch nun erscheint TAAB 2 mit der kompletten Tull-Mannschaft, minus Martin Barre und Doanne Perry. Sie hätten anderes zu tun, Tull sei nicht aufgelöst, so sagt man. Wer´s glaubt … Es bleibt der Eindruck, dass es Barre war, der seit Jahren den Blues (in vielerlei Hinsicht!) in die Band schleppte. Wie soll man es sich auch anders erklären, dass nun ein grandioses Alterswerk vorliegt, ein Progalbum mit Surroundmix, das voller Melodien ist, dessen Gesang überzeugt (und in den heiklen Passagen einen zweiten Sänger bemüht) und auf dem weder der alte Drummer noch der alte Gitarrist fehlen? Trotz aller nostalgischer Gefühle insbesondere Barre gegenüber, kann man den Neuen an der Gitarre, Florian Opahle, nur loben. Er macht einen ebenso guten Job, gleiches kann man über John O´Hara an der Hammondorgel sagen (auch als Arrangeuer David “Dee” Palmer ebenbürtig). Einzige Kritikpunkte: Im Gegensatz zu TAAB 1 handelt es sich nicht um einen Longtrack und das neue Album klingt auch nicht ganz so jugendlich. Doch beschrieb das Original die Gefühle eines Zehnjährigen, der Nachfolger die eines Fünfzigjährigen. Passt also. In allen vorgeschlagenen Biografien des Gerald Bostocks wendet sich das Blatt irgendwie zum Guten. So verhält es sich auch mit Ian Anderson. Nach langer Sinnsuche folgt nun das wohl sinnigste Vermächtnis des Schotten. Hoffentlich ramponiert er es nicht wieder. Anmerkung zur Bewertung: Eigentlich sollte man ob des Cover und Inner Sleeve Designs einen Punkt abziehen.

Erschienen bei EMI / Chrysalis.

Subjektiv: [xrr rating=4/5] Obbjektiv: [xrr rating=4/5]

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