Interview mit Liebe Minou

Liebe Minou
Photocredit (c) by Steffen Böttcher

Liebe Minou, die eigentlich Ama Hellhammer heißt, ist die gute Fee des deutschen Chansonpops. Ihr Album „Ich“ atmet die bittersüße Fröhlichkeit, die auch schon in Jean-Pierre Jeunets Film „Die Fabelhafte Welt der Amélie allgegenwärtig war. Liebe Minou über Kekse, Musik und geheime Botschaften.

Julian Auringer: Liebe Minou, wie läuft es denn so bei dir?

Liebe Minou: Ganz toll! Die Sonne scheint heute endlich mal wieder und da bin ich ganz froh drüber! Ich war beim NDR in der Sendung DAS! Zu Gast und beim Großen Hafenfest in Bremerhaven habe ich auch gespielt – begleitet von einer Melodica, die schön nach Akkordeon klingt und gut zum Hafen passt. Dann haben wir noch ein etwas größeres Kekskonzert bei der Hamburg Sounds in den Fliegenden Bauten gegeben. Im August wurde ich von der Sterneköchin Léa Linster zu einem Gourmettag eingeladen, da gab’s viel zu Schmecken und ich habe auch gebacken und ein Kekskonzert gespielt.

Julian Auringer: Das klingt wirklich sehr positiv. Wo hast du denn Léa Linster kennengelernt und was ist unter dem Kompositum „Kekskonzert“ zu verstehen?

Liebe Minou: Oh das war bei der NDR Talkshow! Über ihre Einladung habe ich mich sehr gefreut. Sie ist eine ganz tolle Persönlichkeit, eine Wahnsinns Köchin! Was sie so zaubert muss man wirklich mal probiert haben. Toll! Tja und Kekskonzerte sind Konzerte, die an so kleinen Orten stattfinden, dass man sie fast schon Plätzchen nennen könnte. Auf den Kekskonzerten gibt es aber auch immer selbstgebackene Kekse.

Julian Auringer: Ist das nicht eine wahnsinnige Arbeit, gerade jetzt, wo alles etwas größer wird?

Liebe Minou: Das ist eine Herausforderung, ja. Früher waren die Kekskonzerte wirklich klein und da haben die Kekse dann auch immer gereicht. Ja, und jetzt wird das immer mehr und ich muss meine Schwestern animieren. Die machen auch schon fleißig mit. Ich möchte einfach die beste Kekskonzertistin der Welt werden!

Julian Auringer: Ach, da gibt’s noch mehr?

Liebe Minou: Ich hoffe doch! Das weiß man ja nicht. Die verstecken sich wahrscheinlich noch alle hinter kleinen Keksen. Das ist zwar meine Erfindung aber man muss doch immer der oder die Beste sein, in dem, was man macht.

Julian Auringer: Du scheinst Kekse zu mögen – backst du denn gerne?

Liebe Minou: Ja! Das mache ich wirklich gern. Mit dem Backen ist es wie mit dem Basteln. Beides gehört irgendwie zu mir. Manchmal, da stürmt es über einen herein, da hat man das Gefühl: „Jetzt muss ich etwas basteln oder backen!“ Und wenn ich irgend eine Idee hab‘, dann möchte ich die natürlich auch gerne umsetzten. Tja, das ist genau wie mit dem Liederschreiben. Irgendwie ist das ein Überbleibsel aus der Kindheit.

Julian Auringer: Apropos Kindheit: Als ich klein war, habe ich immer die Sesamstraße geschaut und da gab es das Krümelmonster, dass immer Kekse gegessen hat. Das hast du sicherlich auch gemocht, oder?

[quote style=”boxed”]Es gibt auch Tage, an denen steht man auf, schaut in den Spiegel und einem stehen die Haare zu Berge. Dann denkt man sich: „Oh je… Was wird das jetzt heute?“[/quote]

Liebe Minou: Oh ja! Das mag ich wirklich! Und dann gab es da noch diese tollen Lieder mit Kermit und seiner Band – von der habe ich den Namen leider vergessen. Aber die Sesamstraße war schon sehr lustig und ich habe das auch immer mit meinen Schwestern geschaut.

Julian Auringer: Ich habe mal bei einem Malwettbewerb gewonnen, da war ich noch klein. Da durfte ich mir dann eine Figur aus der Sesamstraße aussuchen – es wurde natürlich das Krümelmonster!

Liebe Minou: Ahhh! Und hast du das noch?

Julian Auringer: Ja klar! Du musst wissen, dass ich Kekse sehr mag – lieber als Kuchen – und man an sich wunderbar arbeiten kann, wenn man nur Kekse, Gummibärchen und einen guten Tee hat.

Liebe Minou: Sehr gut! Das ist auch echt meins. Ich freu‘ mich da auch manchmal einfach so über die grünen Gummibärchen. Dass sie so selten sind macht sie irgendwie besonders.

Julian Auringer: Sag mal, mir ist aufgefallen, dass du eine sehr positive, wenn man so will, fast kindliche Ausstrahlung hast. Wie konntest du dir das bewahren?

Liebe Minou: Das weiß ich nämlich eigentlich auch nicht! Der Theaterregisseur Max Reinhardt hat mal gesagt: „Ein Schauspieler ist ein Mensch, dem es gelungen ist, seine Kindheit in die Tasche zu stecken und sie bis an sein Lebensende darin aufzubewahren“ und irgendwie ist es doch genauso. Man steckt sich seine Kindheit in die Tasche und bewahrt sie dort auf. Das will ich nicht missen müssen. Meine Kindheit, die trag‘ ich immer in der Tasche bei mir. Wenn ich die Texte zu meinen Liedern schreibe, dann ist das ganz ähnlich und ich sehe ganz viele Bilder von mir und es kommen viele Erinnerungen ins Bewusstsein. Man hat einfach die Chance, diese zu behalten und sich die positiven Dinge in den Kopf zurückzurufen. Meine positive Seite ist generell ein großer Einfluss auf meine Arbeit, meine Persönlichkeit. Nimm z. B. meinen Namen „Liebe Minou“. Seit ich ein Kind bin mag ich Milch-Nougat-Schokoladenkekse. Ich liebe Milch-Nougat-Schokoladenkekse… Und das wurde dann zu meinem Spitznamen und stand dann auch Pate für den Albentitel.

Julian Auringer: Ah! Jetzt wird mir einiges klar! Ist denn Liebe Minou privat ein anderer Mensch oder ist sie ein Teil von dir?

Liebe Minou: Also das ist sozusagen meine bereits erwähnte gute Seite. Jeder hat die ja irgendwo, wenn auch verborgen. Es gibt sicher auch Tage, an denen steht man auf, schaut in den Spiegel und einem stehen die Haare zu Berge. Dann denkt man sich: „Oh je… Was wird das jetzt heute?“ Aber dann habe ich immer noch die gute Seite und ich muss an die Bühne denken, an meine Lieder und ans singen. Also ich bin das schon, Liebe Minou ist ein Teil von mir. Die gute Seite!

Julian Auringer: Wie wurdest du eigentlich entdeckt?

Liebe Minou: Also ich mache schon ziemlich lange Musik – naja, solange auch wieder nicht, ich bin ja erst 22 Jahre alt, aber ich habe schon mit 3 Jahren angefangen Klavier zu spielen und später habe ich dann auch gesungen und mir Bühnen gesucht. Mit 19 Jahren hatte ich dann das Glück, Achille Fonkam vorsingen zu dürfen. Dann hat sich alles gefügt und so sind wir ein musikalisches Team geworden. Er ist wirklich ein sehr inspirierender Produzent!

Julian Auringer: Da warst du beim Vorsingen sicher nervös?

Liebe Minou: Ein wenig, ja, aber man muss dann auch in dem Moment einfach an sich glauben. Man darf dann überhaupt nicht an sich zweifeln. Erst steht man dann natürlich vor einem imaginären Berg und denkt sich: „Oh! Da muss jetzt viel kommen!“ Aber da muss man da einfach rauf und dann schafft man das auch.

Julian Auringer: Wie entstehen deine Kompositionen?

Liebe Minou: Das ist immer ganz verschieden und ich hab‘ da eigentlich keine richtige, immer wiederkehrende Vorgehensweise. Manchmal träume ich sogar von Melodien und dann wache ich auf und geh‘ ans Klavier und schreibe anschließend Texte. An anderen Tagen habe ich mal ein gutes Buch gelesen und das inspiriert mich dann. Da will man dann einfach drauflos texten. Wenn ich anfange zu schreiben oder Musik zu machen, bin ich wie ein kleines Kind, das in ein Schaufenster guckt in dem kleine Süßigkeiten drin wohnen und wo alles bunt und fröhlich ist. Auch das Kompositionsinstrument ist immer verschieden – teils tagesabhängig. Wenn z. B. gutes Wetter ist oder ich gute Laune habe oder traurig bin, beeinflusst das meine Wahl. Ab und zu spiele ich auch Klavier oder singe einfach, wenn ein Freund auf der Gitarre improvisiert. Auch was das Arrangement betrifft, rauscht es mit dem Lied ganz unbewusst aufs Papier oder Tonband. Wie ein Einfall einfällt, fällt dann ein Lied ein und manchmal ist es dann so gut, wie es ist. Auch mein Produzent Achille Fonkam hat da immer tolle Ideen.

Julian Auringer: Wie ist denn der Song „Wiedersehen“ entstanden? Den finde ich sehr gut.

Liebe Minou: Oh, Danke! Es gibt wirklich viele Menschen, die ich so gerne wiedersehen möchte und bei einigen ist es vielleicht in diesem Leben nicht mehr möglich. Aber man kennt das ja: Die Telefonnummer ist verloren gegangen und man hat das Gefühl, dass einem die Person sehr nahe ist und man keine Möglichkeit hat, sie wiederzufinden. Aus diesem Gefühl heraus ist es entstanden. „Wiedersehen“ ist übrigens eines dieser herüberrauschenden Stücke, die sehr geschwind entstanden sind. Es ist eines dieser Lieder, die ich dann den ganzen Tag vor mir hergesungen hab‘.

Julian Auringer: Wenn du Fremdkompositionen singst, also z. B. von Beatrice Reszat, welche Position als Sängerin hast du dann gegenüber der Komposition?

Liebe Minou: Besonders die Arbeit mit der von dir angesprochenen Beatrice Reszat war ganz spannend! Ich bin damals zu ihr an den Starnberger See gefahren und dort wo sie wohnt, ist es ganz märchenhaft. Wie sie schreibt und lebt, das passt einfach! Da stimmt alles und sie hat mir einige Lieder vorgespielt, die fand ich unglaublich toll und die sollten dann auch aufs Album drauf. Generell suche ich mir Lieder aus, die mich wirklich berühren und wenn sie das schaffen verinnerliche ich sie und singe sie dann auf meine Art! Dann ist es so, als hätte ich sie selbst geschrieben. Du kennst das vielleicht: Wenn man ein Lied im Radio hört – oder wo auch immer – es mitsingt, da stecken ja auch viele eigene Emotionen drin, da taucht man ein und das ist dann der magische Moment der Musik.

Julian Auringer: Wie wichtig ist dir nach dieser anstrengenden Arbeit die Reaktion des Publikums?

Liebe Minou: Ich möchte einfach gerne Freude bringen! Ich möchte schöne Erinnerungen mit den Menschen teilen. Ich backe ja auch immer Kekse dazu und verteile die, weil die mich an die schönen Momente meiner Kindheit erinnern. Sonntags, da haben wir immer mit der ganzen Familie gebacken und der Geruch erinnert mich noch heute daran. Da verbindet man dann noch mehr mit der Musik und ihren Bildern. Es ist mir also schon wichtig, dass die Leute ihren Spaß haben. Ich freu‘ mich immer total, wenn Zuschauer mir schreiben und sagen, dass ich ihnen den Tag bereichert habe. Also davon geht mein Herz auf! Da freue ich mich richtig doll.

Julian Auringer: Hast du spezielle Einflüsse?

Liebe Minou: Ich habe keine Vorbilder, aber wie du schon bemerkst doch einige Einflüsse. Ich höre selbst gerne Aretha Franklin, Norah Jones, Edith Piaf – oder um ein paar deutsche zu nennen – Nina Hagen und Helge Schneider. Ich mag einfach Künstler, die irgendetwas Besonderes machen, auch abseits der Musik, wie die Lyrikerin Else Lasker-Schüler. Die schreibt ganz tolle Gedichte. Da geht mein Herz auf!

Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten.
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