Interview mit Jasmin Tabatabai zum Album “Eine Frau”

Jasmin Tabatabai wird in den Medien oft auf ihre Schauspielkarriere reduziert. Doch ist sie seit jeher auch Sängerin und Songwriterin, war Mitbegründerin der Band “Even Cowgirls Get The Blues”, veröffentlichte die Alben “Only Love” und “I Ran”, betreibt nebenbei das Plattenlabel “Polytrash” und hat nicht zuletzt den enorm erfolgreichen Soundtrack zum Film “Bandits” beigesteuert. Nun hat sie zusammen mit dem Schweizer Komponisten David Klein ihr erstes Jazzalbum “Eine Frau” aufgenommen.

Jasmin Tabatabai Promo Foto Eine Frau
Photo Credit 2011 by Felix Broede

Nach den beiden Rockalben und dem Soundtrack zu Bandits: Wie ist es zu Ihrem ersten Jazz-Album Eine Frau gekommen?

Nach den beiden Soloalben hatte ich einfach Lust darauf. Es hat mich gereizt, mal etwas zu machen, was anders ist, ruhiger als meine sonstigen Alben. Musik, die jazzig ist aber auch ein paar andere Musikrichtungen streift, mit hervorragenden Musikern zu arbeiten und mich ganz auf den Gesang zu konzentrieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Idee ist ja nun auch schon 10 Jahre alt, entstand zur Zeit der Dreharbeiten von Gripsholm, wo ich zum ersten Mal mit David Klein gearbeitet habe, der den Soundtrack komponiert hat. Seit dem haben wir immer mal wieder über eine gemeinsame Platte gesprochen.

Und warum hat das letztendlich so lange gedauert, bis Sie das Album aufgenommen haben?

David Klein und ich haben beide in der Zeit verschiedene Projekte verfolgt und ungefähr vor drei Jahren hat er mir die ersten Kompositionen und Demos geschickt. Seitdem haben wir dann konkret am Album gearbeitet. Die Entwicklung der Songs war auch irrsinnig! Die ersten Demos die bestanden wirklich nur aus Davids Demogesang und der Melodie und dann gab es so eine rudimentäre Instrumentierung am Computer. Wir haben uns die Tracks übers Internet hin- und her geschickt, ich habe ihm den Gesang aufgenommen, dann wollte er weiterarbeiten, hat die Stücke arrangieren lassen, sie mit Musikern aufgenommen und ich habe den Gesang nochmal aufgenommen. Später hat er alles noch einmal überarbeitet, die Instrumentaltracks von anderen Musikern einspielen lassen usw. So ging das immer hin- und her. Das war eine lange, lange Arbeit.

Das klingt sehr aufwendig. Haben Sie denn ein persönliches Interesse an Jazz und Chanson?

Ja, natürlich! Sonst würde ich das auch nicht machen. Jazz und Chanson sind ja vor allem Musikrichtungen, wo man die Persönlichkeit, die Lebenserfahrung des Sängers wahnsinnig genau spürt, der Gesang geht da sehr weit.

Wie kam denn damals die Auswahl der Stücke zu Stande?

Die haben David Klein und ich zusammen ausgesucht. Das sind teilweise Neukompositionen, teilweise völlig neu arrangierte Standards, teilweise sehr alte Texte, z. B. von Tucholsky, zu dem dann neue Musik komponiert wurde und nicht zuletzt auch Coverversionen – wie z. B. Reinhard Meys Herbstgewitter über den Dächern oder Jean-Loup Dabadies La Chanson d’Hélène, dass viele natürlich aus dem Romy Schneider Film Die Dinge des Lebens kennen. Besonders Reinhard Mey ist  für mich eine Entdeckung. Dass man seine Stücke covern kann – da kommt man irgendwie gar nicht drauf.

Wie sind Sie und David Klein denn an die Neuinterpretation von Stücken wie Oskar Straus‘ Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben herangegangen?

Ich habe ja schon immer sehr gerne gecovert z. B. auch damals bei den Cowgirls. Ich persönlich mache es so, dass ich das Original so wenig wie möglich höre, damit ich einen möglichst eigenen Zugang habe.

Bei den Eigenkompositionen, ist mir aufgefallen, dass sie sich nahtlos in die Coverversionen einfügen, auch stilistisch. Das Album geht ja sehr in Richtung Operettenlied, Chanson der 20er Jahre und der gleichen. Haben Sie versucht, das zu interpretieren und zu modernisieren? Wollten Sie dieses frivol-emanzipatorische übernehmen? Unter welchen Gesichtspunkten habe Sie das gemacht?

Ach, Gesichtspunkte gab es gar keine. Wie haben uns da nichts in der Richtung vorgenommen. Auch keine Message oder so… Das war ganz bewusst nicht mein Bestreben. Ich persönlich mag es nicht, wenn ich bei einem Kunstwerk das Gefühl habe, dass ich erzogen werden soll, oder mir irgendwie eine Message unter die Nase gerieben wird. Deswegen haben wir auch alles relativ neutral gehalten. Nimm den Titel Eine Frau: Da interpretieren die Leute dann alles Mögliche rein, aber das liegt natürlich einzig im Auge und Ohr des Betrachters, des Zuhörers. Ich mag das gar nicht, wenn alles zu genau erklärt wird oder ich das Gefühl habe, jetzt will mir jemand unbedingt eine Message mitteilen. Dementsprechend haben wir in dieser Hinsicht gar keinen Plan verfolgt, sondern einfach die Lieder genommen, die zu mir passen. Lieder die wir einfach mochten.

Beim Titel musste ich sofort an den Film Eine Frau ist eine Frau von Jean Luc Goddard denken!

Das ist auch eine schöne Assoziation. Für mich hat das Album so ein Gefühl von dieser Zeit, das hängt da auch irgendwie mit in der Luft.

“Das Album ist einfach aus absoluter Liebe zur Musik entstanden”

 

Jasmin Tabatabai

Wie würden Sie das Album in der aktuellen Musikszene positionieren?

Keine Ahnung! Wir sagen ja immer, es ist ein modernes Liederalbum geworden und ich habe keine Ahnung, wo das zu positionieren ist. Das müssen andere machen! Es ist einfach zeitlos geraten, sehr erwachsen. Welche Marktgruppe jetzt damit bedient wird und welche nicht kann ich nicht sagen. Da glaube ich eh nicht dran. Da wird immer so viel geschwätzt und so viele Leute wissen für welche Zielgruppe man was genau machen muss, um zu gefallen. Wie gesagt, wir haben einfach Lust gehabt Musik zu machen und uns Lieder ausgesucht die wir schön fanden.

Wie kam denn der Luxus zu Stande, dass Sie für die Aufnahmen ein unbegrenztes Budget hatten? Das ist doch eher ungewöhnlich…

David Klein, der Produzent dieser Platte, hat alles aus eigener Tasche finanziert! Da steckt kein fetter Deal von Seiten der Plattenfirma dahinter, die gesagt hat: „Yeah!“ Das hat er alles selber finanziert, teils über private Spenden. Das ist ein absolutes Liebhaberprojekt, auch ich habe noch keinen Pfennig daran verdient. Das Album ist einfach aus absoluter Liebe zur Musik entstanden, denn wir beide haben eine Vorstellung davon wie sie klingen sollte und David gibt damit sicherlich auch ein unbewusstes Statement ab, wie man seiner Meinung nach mit Musik umgehen sollte. Mit welcher Liebe und mit welchen Details man an ein Album rangehen sollte.

Das Album ist ja wirklich sehr warm geworden, es klingt sehr nach alten Hildegard Knef Aufnahmen, mal vom Gesang abgesehen.

Das ist natürlich auch von der Produktionsweise so gemacht worden, wie man heute nicht mehr arbeitet. Kaum jemand macht sich die Mühe oder trägt die Kosten, so etwas zu produziere. Alles mit echten Instrumenten, mit echtem Orchester einzuspielen, mit den besten Mikrofonen und den besten Aufnahmegeräten, digitalen Wandlern etc. zu arbeiten… Wenn man schon nicht analog aufnimmt, dann aber mit den besten digitalen Wandlern. Das hört man natürlich alles, auch der Laie.

Die Texte und die Musik sind ja diesmal nicht von Ihnen. Wie verschiebt sich da das Verhältnis von Schauspielerin und Sängerin?

Für mich war das eine ganz bewusste Entscheidung, die ich gefällt habe. Ich wollte mich bei dieser Platte ganz egoistisch nur auf das Singen konzentrieren. Wenn man schreibt, selber produziert oder aufnimmt, dann ist das immer noch so eine unglaubliche extra Arbeit, die viel mehr ist, als das was man eigentlich macht, nämlich singen. Automatisch gerät das dann völlig in den Hintergrund. Ich wollte mich hier einfach mal auf meinen eigentlichen Beruf konzentrieren, dass ich performe und singe und mich in dieser Richtung weiterentwickle. Nur zu singen war in dieser Hinsicht ehrlich gesagt eine Wohltat.

Man merkt das m. E. auch an Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben – das Stück klingt sehr relaxt und locker.

Ja, das sind die tollen Kompositionen, die stehen wirklich auch nach Jahrzehnten noch und man kann die Stücke immer wieder neu aufnehmen, ohne dass sie unmodern klängen. Sie haben immer noch etwas zu erzählen.

Diese Art der Musik wurde ja durch die NS-Zeit völlig verdrängt und durch gehaltlosen Schlager ersetzt, die jüdische Künstlerschaft komplett vertrieben. Damit hat die deutsche Musikszene unglaublichen Schaden genommen – so ist eine Entwickelung verwehrt geblieben, wie man sie aus Frankreich kennt.

Ja, das ist ein nicht wiedergutzumachender Verlust. Da ist natürlich ein unglaublicher Riss durch die Kultur gegangen und in jeglicher Hinsicht wahnsinnig viel zerstört worden, so wie die Städte und einfach alles, keine Frage. Alles wurde zerstört.

Wie haben Sie sich denn auf den Jazzgesang vorbereitet? Haben sie Gesangsübungen oder ähnliches gemacht?

Nein, ich habe mich nicht durch traditionelle Gesangsübungen oder so vorbereitet. Das habe ich eh nie gemacht. Musik hat für mich etwas mit loslassen zu tun. Selbstverständlich bereitest du die Lieder sehr genau vor, dass die Melodien, der Text und der Rhythmus sitzen und im Studio nicht überlegt werden muss, aber vor allen Dingen ist es wichtig, total los- und lockerlassen zu können, weil das Singen sonst einfach nicht funktioniert. Sobald man zu viel macht oder zu verspannt ist, oder zu sehr in eine Richtung drängt, ist es sofort schlecht.

Sie hatten keine Schwierigkeiten, vom Rock auf Jazz zu wechseln?

Nein, für mich war das ehrlich gesagt eine schöne Herausforderung. Ich würde jetzt auch nicht sagen, dass ich die klassische Jazzsängerin bin, ich bin einfach nur Sängerin und habe ein Jazzalbum eingesungen. Ich weiß gar nicht – was ist eigentlich ein klassischer Jazzsänger? Das könnte ich gar nicht beantworten. Ich singe einfach. Für mich macht guter Jazzgesang aus, dass er immer nonchalant, unaufgeregt und unangestrengt klingt. So als würden die Leute nebenbei eine Whiskeyflasche öffnen oder den Abwasch machen. Der Gesang darf nicht ambitioniert klingen und muss locker sein. Sicherlich ist das nicht einfach und eine Herausforderung.

Wenn Sie auf Tournee gehen, was glauben Sie, wird anders sein als bei ihren bisherigen Auftritten?

Es kommen vielleicht Leute, die bisher noch nicht gekommen sind aber sicher werden auch welche kommen, die bisher auch immer zu den Konzerten kamen und ich glaube die werden genauso viel Spaß haben.

Noch eine letzte Frage: Vor ein paar Jahren haben Sie einen wunderbaren Weihnachtsfilm, (Meine Schöne Bescherung) mit Meret Becker, Martina Gedeck und Bjarne Mädel gedreht – ist sowas mal wieder in Planung?

Dieses Jahr habe ich einen Kinderweihnachtsfilm gemacht, der im Fernsehen kommt Beutolomäus – der Sack des Weihnachtsmannes. Alle Kinder kennen den! Der Film kommt dann Weihnachten. Da spiele ich die Böse. Eine richtig schöne, böse Rolle.

→ Das Album “Eine Frau” von Jasmin Tabatabai & dem David Klein Orchester ist bei edel: CONTENT erschienen und kostet 16.99€. Die Review findet ihr hier. Das Gespräch führte Julian Auringer von DieKopfhoerer.eu

Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten.
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