Mercury / Universal
Bei Mike Oldfield überkommt mich immer der Wunsch, mir alle Kleider vom Leib zu reißen und völlig nackt in den benachbarten Wald zu laufen und als Waldschrat zusammen mit der Natur und der Waldgeister in Einklang zu leben. Für Ommadawn gilt das noch mehr als für den Vorgänger Hergest Ridge (davon nächste Woche mehr). Mike Oldfield schuf in den 70er Jahren drei Alben von ungeheurer Qualität. Nach dem überwältigenden Erfolg seines Erstlings Tubular Bells zog er sich aufs Land zurück, kaufte ein heizungsloses Haus bei Hergest Ridge und verbracht seine Freizeit damit, Modellflugzeuge zu fliegen und Richard Branson zu ärgern. Dieser wollte den schüchternen, von Panikattacken gequälten und relativ weltfremden jungen Mann auf große Tournee schicken. Oldfields Ablehnung der Welt gegenüber war so extrem, dass er, wenn Branson ihm Instrumente liefern sollte, wandern ging und sein Labelchef diese im nahegelegenen Pub, wo Oldfield jeden Abend mit Leslie Penning musizierte, abgeben lies. Er konnte es sich ja auch leisten, verkauften sich seine Alben wie Beatlesplatten.
Was bietet dem Hörer nun die Deluxe Edition? Auf CD 1 ist ein aktueller Remix des Werks enthalten, der etwas länger ist und hochmodern klingt. Desweiteren sind In Dulce Jubilo, First Excursion, Argiers und Portsmouth enthalten, die vorher auf Greatest Hits Kompilationen und dem allseits bekannten Boxed enthalten waren und in Zusammenarbeit mit Leslie Penning und David Bedford entstanden und ein wenig neoklassisch anmuten. Auf CD 2 befindet sich ein musikhistorischer Schatz von unschätzbarem Wert: eine Vorabversion des Werks, das revolutionär anders klingt und als verloren galt (da Oldfields Heim keine Heizung hatte, zerbröckelten die Bänder). Einige Ideen fanden erst in den 90er Jahren auf Amarok, dem inoffiziellen Nachfolger und Virgin Abschied Verwendung. Desweiteren bietet Oldfield hier den Originalmix von 1975 (der bei Hergest Ridge erst interessant wird). Auf der DVD befindet sich ein 5.1 Mix, der sich vom Quadrophonie Mix des Boxsets nur marginal unterscheidet , transparent klingt und sehr radikal gestaltet ist. Als Bonusvideos gibt es die Promotionsvideos zu In Dulci Jubilo und dem hinreißend, irgendwie albernen, Portsmouth, in dem vor allem die ortsansässige Tanzgruppe reichlich deplatziert wirkt.
Alles in allem lohnt das Set sowohl für Oldfieldneulinge als auch für Hardcorefans. Die Verpackung ist sehr schön gemacht und es gibt reichlich Fotos zu bestaunen. Warum die DVD allerdings so unglücklich gelagert wurde ist wirklich fraglich. Tipp: CD Hülle bereithalten. Ein Meisterwerk!
Hinweis: Alle Artikel wurden mir von der entsprechenden Plattenfirma / dem entsprechenden Verlag bzw. Verleih zwecks Rezension kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Rezensionen sind demnach als Werbung zu betrachten. Werbung: Wenn dir der Artikel gefällt, wirst du mein Buch lieben: The Beach Boys - Pet Sounds
Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.