Bella Union / Cooperative Music / Universal
Anscheinend bekomme ich dieses Jahr fast nur CDs, die gut bis sehr gut sind. Kaum eine Promo, die richtig schlecht ist. Das ist eigentlich ganz schön, doch wirke ich dadurch wie ein Kritiker, der inflationär hohe Wertungen verteilt.
Ich bin seit gut 10 Jahren Folkmusikfan. Angefangen bei Mike Oldfield und Jethro Tull war es Songs From The Woods, das mich 1999 völlig verdutzt vor dem Ghettoblaster (meine Abhörsituation hat sich inzwischen geändert) zurückließ. Dieses Gefühl hatte ich bei Folkplatten lange nicht mehr. Ja, da waren Genesis, die Fleet Foxes oder auch Circulus. Midlake aber sind anders. Sie fangen da an, wo Jethro Tull mit Songs From The Woods aufgehört haben. Die Melodien sind wunderschön und erhaben. Dem Schlagzeuger merkt man das Jazzstudium an, denn er klingt wie ein Relikt der späten 60er. Kein Ton zu viel, kein Lied, dass auch nur ansatzweise nervt. Bei Acts of Man und Winter Dies sind mir die Tränen gekommen – und dieses Phänomen haben eigentlich nur Gustav Mahler (Kindertotenlieder) und Richard Wagner (Tristan & Isolde / Lohengrin) gepachtet. Es wird gezupft, geflötet, gesungen. So gern ich die Fleet Foxes auch mag – sie können nach Hause gehen und bitte erst dann wiederkommen, wenn sie zu so etwas einzigartig Schönem fähig sind. Und auch Ian Anderson kann seine Flöte sonst wo stecken lassen, wenn er die Frechheit besitzt noch einmal ein Album aufzunehmen, dass nicht so perfekt ist wie The Courage Of Others (Er würde sich lächerlich machen, denn er hat oft genug bewiesen, dass er es drauf hat). Midlake machen die Querflöte wieder Gesellschaftsfähig und läuten ein neues Jahrzehnt der Folkklassiker a la Jethro Tull, Magna Carta und Genesis ein. Jungs, vor euch verneige ich mich! Und so sitze ich 11 Jahre später vor meinen High End Boxen und bin so verdutzt wie mit 15.
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Wer ich bin: Ich schreibe Bücher, forsche zur Massenkultur (Comics!), komponiere, liebe Musik & bin hoffnungslos franko-/italophil.
Woran ich glaube: Wir sollten im Leben danach streben, Narren zu sein. Immer auf der Suche, niemals am Ziel, von Neugier getrieben, mit offenen Augen, Ohren & Geist durch die Welt gehend.